Mit dem »Der Krieg der Gendersterne« betrachtet Wolfstädter den seit fast 50 Jahren währenden Streit um eine gendergerechte Sprache unter dem Blickwinkel der Objektität des Bewusstseins sowie der Sprachwissenschaften. Der Ursprung der Unzufriedenheit feministischer Kritiker war und ist die Tatsache, dass viele geschlechtsneutrale Wörter wie »die Wanderer« identisch sind mit der männlichen Form »der Wanderer« und daher bei dem sog. »generischen Maskulinum« nicht auf Anhieb deutlich wird, dass in einer Gruppe von »Wanderern« sowohl männliche »Wanderer« als auch weibliche »Wanderinnen« wandern.
Was sich aus dem Versuch, diese Asymmetrie sprachlich zu überwinden, ergeben hat, entlarvt der Autor als eine »sexualistische Genitalsprache«, also eine Sprache, die bei allen menschlichen Aktivitäten die Sexualität besonders betont und hervorhebt. Dabei ist es beim Wandern doch ziemlich egal, welche Sorte Genitalien man trägt.
Das Problem mancher Frauen ist es dabei, sich mit der Form des generischen Maskulinum immer nur »mitgemeint« zu fühlen, während Männer dieses Gefühl des nur »Mitgemeintseins« gar nicht kennen müssen. Vor allem damit wird die Notwendigkeit einer grundlegenden Sprachreform begründet. Wolfstädter sieht aber entsprechend seiner Erkenntnisse in »Die Objektität des Bewusstseins« die tiefliegendere Ursache in der kultürlichen Unterdrückung der Scham: »So besteht die Logik und Ideologie einer die Geschlechtsidentität berücksichtigenden Sprache in dem Versuch, den im tiefen Grund der Scham basierenden Glauben an Geschlechtsidentitäten sprachlich zur Geltung zu bringen.«
Aber: »Der eigentliche Irrtum im gegenwärtigen Diskurs und die auf ihn zurückzuführende Stagnation und Verhärtung der Fronten unter den Verfechtern und Gegnern des gendergerechten Sprechens liegt in der bislang noch nicht diskutierten Annahme, dass unter Verwendung des vermeintlich existierenden sogenannten generischen Maskulinums der Mann gemeint und die Frau (nur) mitgemeint sei.« Und diese Annahme ist sprachwissenschaftlich falsch, wie es der Autor im übrigen mit einem Interview mit Sahra Wagenknecht anschaulich belegt. (Unfried, P. (2021): „Ich finde Hedonismus sympathisch“. taz, 30.05.2021, https://taz.de/!5771163/):
Wenn ich irgendwo sage: Ich bin Ökonom, dann belehren mich bevorzugt Männer, dass ich doch bitteschön sagen soll, ich sei Ökonomin. Ich empfinde das als Frechheit. Ökonom beschreibt eine bestimmte Ausbildung, eine Kompetenz. Ich verstehe nicht, wieso das differenziert werden soll nach Frau oder Mann. Es gibt ja auch keinen speziellen Begriff für einen homo- oder heterosexuellen Ökonomen. Oder für einen mit Migrationshintergrund. Diskriminierung ist, wenn Frauen, und das ist in Deutschland die Regel, weniger verdienen als Männer, wenn sie in schlechte Jobs abgedrängt werden. Das wird nicht dadurch besser, dass in den Abendnachrichten jetzt Bürger…innen gesagt wird, damit sich auch wirklich alle wiederfinden.
Darüber hinaus belegen die sprachwissenschaftlichen Analysen einerseits die mangelnde Konsequenz bei der gängigen Umsetzung des Genderns, andererseits die für eine konsequente Anwendung erforderliche Misshandlung der Sprache: Eine einleuchtende Botschaft, die allerdings die überzeugten Anwender des Genderns nicht von ihrer Praxis abbringen wird.